So richtig leicht hatten es Alben, die am 22.01. herausgekommen sind, aufgrund des Nitzer Ebb Releases an diesem Tag sicherlich nicht. Im Falle Vomito Negro wäre es allerdings fahrlässig, das neue Werk Skull & Bones zu ignorieren.
NEP Comeback: Druckvolle Produktion und typische Sounds
Skull & Bones klingt einerseits retro: Die verwendeten Sounds stammen durchweg aus dem für Vomito Negro typischen Klanguniversum. Teilweise wird der minimale Ansatz durch differenziertere Arrangements zurückgedrängt.
Skull & Bones wirkt ebenso modern: Die verbesserte Produktion verleiht dem Sound neue Kraft und garantiert damit eine absolut zeitgemäße, aber eben nicht trendorientierte Version von Vomito Negro.
Die Fortsetzung früher Werke
Die Vocals stammen von Mastermind Gin Devo. Er bietet zwar nicht ganz die stimmliche Bandbreite von dem durch einen Autounfall 1992 schwer verletzten Ex-Frontmann Guy Van Mieghem, schafft es aber überzeugend, trotz durchgängig gewählter Distortion Spannungsbögen zu transportieren.
Skull & Bones gelingt etwas, was Fireball im Jahre 2002 abging: Es schafft eine Verbindung zu den etablierten Werken der Band, Human, Shock oder Dare lassen grüßen.
Vomito Negro verarbeiten die Einflüsse der frühen Front 242 und The Klinik in ihrer eigenen Art und erinnern daran, dass sie Ende der 80er/Anfang der 90er Jahre durchaus zu den Größen der belgischen EBM-Szene zählten.
Dark Electro Einflüsse
Die Stimmung des Albums ist hingegen durchweg düsterer als bei den meisten EBM-Acts. Skull & Bones entpuppt sich als Werk, das tatsächlich so etwas wie ein industrielles Endzeitfeeling transportiert.
Der Begriff ist allerdings etwas unglücklich und durch die letzten Jahre eher mit dem Hellectrosound verknüpft. Ein Bereich, mit dem Vomito Nero keine Berührungspunkte haben und gegen den sie sich vehement abgrenzen.
2010: In times where every band that puts together tracks using a standard sound module and vocal distortion in their bedroom is hyped as the new hope in the “Harsh Electro” or “Dark Electro” genre, an album like “Skull And Bones” feels like a cleansing shock. (Quelle: Vomito Negro @ Myspace)
Vielmehr bezieht die Band zusätzliche Einflüsse aus dem differenzierten Dark Electro der frühen 90er Jahre.
Polarisierend und packend zugleich
Nicht alle Tracks zünden sofort, einige enthalten Sounds, die durchaus auf die Ohren gehen und den morbiden Charme einer Platzwunde versprühen. Zugänglichkeit ist kein Kriterium und nicht jeder wird mit dem neuen Release etwas anfangen können.
Packende Highlights sind sicherlich das bissige American Dream, Blood Sweat & Tears, Burning Man und Mongoloid. Bei ihnen durchbrechen Melodiefragmente immer wieder die mit einer monotonen Grundstimmung versehenen, aber dennoch abwechslungsreichen Tracks.
Davon, reines Clubfutter zu produzieren, sind Vomito Negro trotz rhythmischer Feinarbeit meist weit entfernt.
Die neuen Versionen der alten Klassiker
Auf CD2 hat die Formationen ihre alten Hits frisch überarbeitet und mit ordentlich Druck versehen.
Inhaltlich haben Vomito Negro schon immer klar Stellung bezogen: Und so wirkt das die Umweltverschmutzung anprangernde Feel The Heat in seiner neuen, aggressiven Version weder klanglich, noch thematisch altbacken.
Black Power legt ebenfalls an Wucht zu und liefert 1A Stoff für die gängigen Clubs. Selbst unauffällige Tracks wie The Needle gewinnen plötzlich an Qualität und klingen, als ob sie eine längere Zeit im Kraftraum verbracht hätten.
Sicher – nicht alle Neuaufnahmen toppen die Originale: Move Your Body und vor allem Save The World wurden zwar mit hypnotisch-treibenden EBM Sequenzen unterlegt, bei diesen Tracks fehlt aber eindeutig die energische und variable Stimme von Guy Van Mieghem. Ebenso Shock, das in der neuen Version leider einfach zu brav klingt.
Dennoch: Ein sehr gelungenes und für die momentane Zeit doch so untypisches EBM-Album der Belgier, mit dichter bis bedrückender Grundstimmung.
Wertung: 8 von 10 Punkten (8/10)
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