Review: Signal-Bruit – ‘Planisphère(s)’

Cover: Signal-Bruit

Cover: Signal-BruitNachdem Sevren Ni-Arb (XMTP) das Label Meshwork ins Leben gerufen hatte, stieg die Erwartung natürlich dahingehend, dass man anspruchsvolle und gut gemachte elektronische Musik erwartete – ganz allgemein gesprochen. Nun liegt das erste Release vor: Signal-Bruit entführt den Hörer mit Planisphère(s) in ambitionierte und wohl kalkulierte Soundtrackwelten.

Signal-Bruit – Planisphère(s)

Wer steckt eigentlich hinter dem bis dato recht unbekannten Projekt? Kein Fremder, denn Member U-0176 aus Marseille blickt auf eine stattliche musikalische Erfahrung zurück.

Mit Celluloide fabrizierte er zackige und charmante Electroklänge, die durch ihre spielerische Leichtigkeit und retrospektiven Hang überzeugten.

Als Remixer bekam er zudem schon Material von Mesh und Nitzer Ebb in die Hände, beides bekanntlich Größen in ihren Klangbereichen. Mit Signal-Bruit lebt der Musikkünstler nun seine Vorliebe für lange instrumentale Tracks aus.

Bewusst reduziert und bisweilen monoton im Vortrag, geht es um Präzision, Stimmung, Eigendynamik, Imagination und Struktur.

Inhaltlich gab das Buch Flatland – a Romance of many Dimensions (1884) des englischen Lehrers Edwin A. Abbott den Impuls zum Release.

Das viel diskutierte Werk deutet Member U-0176 abseits der Hauptinterpretationen als globale Kritik an den Grenzen unserer Vorstellungskraft. Darauf basierend widmet sich der Protagonist dem Thema der Abstraktion auf multimediale Weise.

Wer sich dafür interessiert, findet in den minimalistischen Motion-Design Videos zum Werk eine audiovisuelle Entsprechung der Titel des Albums.

Vergangenheit, Zukunft und Ambition

5 Tracks bietet das Album, davon weisen 4 eine Spiellänge von deutlich über 10 Minuten auf. Deutlich tritt die Vorliebe des Künstlers für Tangerine Dream, Clock DVA, Duet Emmo und die Minimalmelodien von Jacno hervor.

Ganz konsequent spielen retrospektive und futuristische Klangideen zusammen, sie ummanteln sich in einem minimalistischen Setting in mathematischer Perfektion. Die Geometrie des Tons und Geräusches.

Elektronische Musik, die jeden Klang in Szene setzt und ihre dezente Rhythmik oft ohne klassische Drums, sondern durch ihre Struktur, generiert.

Spacige Flächen veredeln die schönen und zeitlosen Momente, sie werden aber nie inflationär, sondern immer dosiert eingespielt (Chromatistès).

Eine ambitionierte Mischung mit Soundtrackqualität, die sich repetitiv ins Gehirn bohrt und den Hörer in ihrer subtilen und langsam aufkommenden Eigendynamik auffordert, sich imaginativ vorzutasten. Besonders spürbar beim Highlight Révélations.

Ob entspannt lauschend oder als Hintergrund für eine Science Fiction artiges Open World Game der Zukunft, der Soundtrack steht bereits als Vorschlag bereit.

Fazit: Um mit dem Album warm zu werden, sollte sich der Hörer auf soundtrackartige Strukturen einlassen können. Klappt dies, dann startet eine reduzierte, fokussierte, glasklar inszenierte elektronische Reise in die Welt der Abstraktion. Stimmungsvolle Kopfmusik, die ihre Einflüsse nie leugnet und doch das Eigene langsam und gekonnt in Szene setzt.

Wertung: 8 von 10 Punkten (8/10)

Planisphères(s) Release Infos

Interpret: Signal-Bruit
Label: Meshwork Music
Release: November 2016
Stil: Soundtrack

Tracklisting:

  1. Polygones
  2. Chromatistès
  3. Pantocyclus
  4. Révélations
  5. Prométhée

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